
Die größte Molkerei des Riesengebirgsbereiches
Boberröhrsdorf bei Hirschberg, von P.K. (1954)
Das große Dorf Boberröhrsdorf im Kreis Hirschberg war bekannt durch seine Bobertalsperre, die der großen Sperre von Mauer zugeschaltet war, ferner durch die romantische Sattlerschlucht mit der Turmsteinbaude und durch das sehr alte Turmschloß, das weit und breit nicht seines gleichen hatte.
Aber das schöne Bauerndorf am Bober war im ganzen Hirschberger Bereich auch durch die sehr geschätzte Molkerei Boberröhrsdorf eGmbH bekannt, die einzige Großmolkerei im Riesengebirgsgebiet, zu dem ja auch das ganze Hirschberger Tal samt dem nördlich anschließenden Vorgebirge angehört. Dieser große, leistungsfähige Betrieb wurde von Gebirgswanderern wie von Fachinteressenten gern besichtigt. Das Anlieferungsgebiet war sehr umfangreich und erstreckte sich auch über Teile der angrenzenden Kreise Löwenberg und (Altkreis) Schönau a. d. Katzbach.
Zur regelmäßigen An- Abfuhr der Milch und der Molkereiprodukte erhielt der Betrieb einen eigenen Fuhrpark mit 12 3-Tonner-LKW, die im Riesengebirgsgebiet wie im Vorgebirge überall wie gute Bekannte betrachtet wurden. Die Boberröhrsdorfer Molkerei wurde 1902 als Genossenschaftsmolkerei gegründet und war noch Anfang 1934 ein verhältnismäßig kleiner, ländlicher Betrieb mit einer Tagesanlieferung von 5000-6000 Litern. In jenem Jahr übernahm der in Krugzell (Kreis Kempten) im Bayrischen Allgäu geborene Max Fäßler als Direktor die Leitung der Molkerei. Er war es, der den Boberröhrsdorfer Betrieb zu einer der größten schlesischen Molkereien umgestaltete, deren Hygiene vorbildlich war und deren Wirkungsbereich sich seitdem bedeutend vergrößerte. Die tägliche Milchanlieferung stieg rasch bis auf 60.000 Liter, in den Jahren 1940-45 bis auf 80.000 Liter. Die Molkerei hatte sich zu einer der neuzeitlichsten Molkerei-Großbetriebe Schlesiens entwickelt. Zur Abteilung Molkerei gehörten u. a. ein ganz neuzeitliches Laboratorium, das die Qualität der An-und Ablieferung sicherte, eine leistungsfähige Kühlanlage mit zwei Kompressoren, Isolierbassins zur Aufnahme von entrahmter Frischmilch, Voll- und Buttermilch, eine neuzeitliche Rahmstube und eine auf Großbetrieb eingestellte Butterei mit automatischer Formung und Verpackung der fertigen Butter.
Täglich wurden in der Abteilung Käserei durchschnittlich 25-30.000 Liter Milch zu Käse verarbeitet: Brie, Camembert, Deutscher Weichkäse, Edamer, Romadur, Kümmelkäse und Femoflor. In der Abteilung Edamer Käserei wurden täglich rund 8.000 Liter Milch zu Edamer Käse verarbeitet, in der Abteilung Camembert Käserei täglich 10-15.000 Liter Milch zu Camembert und Brie. Deren Herstellung geschah nach eigenen System des Direktor Fäßler. Dann gab es noch die Herstellung von Femoflor, ein Spezialprodukt der Boberröhrsdorfer Molkerei, zu dem täglich 12-13.000 Liter Milch verarbeitet wurden. Es war Direktor Fäßler nach längerem Versuch gelungen, durch Zusammensetzung verschiedener Kulturen aus Magermilch dieses hervorragende Produkt herzustellen. Femoflor war ein Diätkäse, der besonders von Magen- und Darmkranken sehr geschätzt wurde; er gehörte in das Gebiet der Joghurt-Molkereierzeugnisse. Diese bewundernswerte Entwicklung der Molkerei hatte, wie auch zu sagen bleibt, als Voraussetzung eine hochentwickelte Viehzucht im Hirschberger Tale wie auch im Vorgebirge. Sie war besonders groß in den Dörfern des Hirschberger Tales, aber mindestens ebenso bedeutend in den Dörfern des Bober-Katzbach-Gebirges, zu dem man ja auch Boberröhrsdorf zählen muß.
Entnommen aus: „Schlesische Bergwacht“, SB53/N07/S08